Indikator 3.57_04 (L)

Auffälligkeiten bei Einschulungsuntersuchungen im Bereich auditive Merkfähigkeit nach Geschlecht, Nordrhein-Westfalen nach Verwaltungsbezirken, Jahr

 

Definition

Entwicklungsstörungen gehören zu den häufigsten Gesundheitsproblemen von Kindern im Einschulungsalter. Zur schulärztlichen Untersuchung von Kindern zur Einschulung muss daher auch die Beurteilung des Entwicklungsstandes in schulrelevanten Teilleistungsbereichen gehören, um ein gesundes und erfolgreiches Aufwachsen in der Schule zu ermöglichen.

Bei den Einschulungsuntersuchungen in Nordrhein-Westfalen wird der Entwicklungsstand der Kinder durch das standardisierte Sozialpädiatrische Entwicklungsscreening für Schuleingangsuntersuchungen – SOPESS erfasst.

Das Screening ist so angelegt, dass Kinder, die aus schulärztlicher Sicht medizinisch relevante Entwicklungsauffälligkeiten aufweisen, sicher erkannt werden können. SOPESS differenziert dabei im unteren Drittel des Leistungsbereiches besonders gut, um falsch negative Screeningergebnisse zu vermeiden.

Der Bereich Sprache wird bei SOPESS mit sprachgebundenen und sprachfreien Untertests erfasst. Die sprachgebundenen Untertests werden nur bei Kindern angewendet, deren Muttersprache Deutsch ist oder - falls die Muttersprache nicht Deutsch ist - die über hinreichende Deutschkenntnisse verfügen. Da die Ergebnisse der sprachgebundenen Untertests deutlich mit dem Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund assoziiert sind, dient hier aus Gründen der Vergleichbarkeit der sprachfreie Untertest Pseudowörter nachsprechen als Indikator für die auditive Merkfähigkeit. Die auditive Merkfähigkeit kann als ein wichtiges Grundelement zur Sprachentwicklung von Kindern gesehen werden(1).

Im Indikator ist der Anteil der Kinder, die zum Untersuchungszeitpunkt ein auffälliges Testergebnis in Bezug auf ihren Leistungsstand im Bereich auditive Merkfähigkeit zeigten, dargestellt.

 

Datenhalter

Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen (LZG.NRW)

 

Datenquelle

Dokumentation der schulärztlichen Einschulungsuntersuchungen

 

Periodizität

Jährlich, bezogen auf den Einschulungsjahrgang

 

Validität

Die Daten werden in den dargestellten Kommunen vollständig, d. h. für alle Einschülerinnen und Einschüler erhoben. Die exakte Einhaltung der Codierregeln wird in den Kommunen durch jährliche Analysen der Untersuchervariabilität, die vom LZG.NRW erstellt werden, geprüft.

Die inhaltliche Validität des Screenings ist durch das LZG.NRW in Zusammenarbeit mit der Universität Bremen wissenschaftlich geprüft worden(2).

 

Kommentar

Das Entwicklungsscreening SOPESS wurde vom Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalen (heute Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen) in Zusammenarbeit mit den Kinder- und Jugendgesundheitsdiensten der Gesundheitsämter Nordrhein-Westfalens und der Universität Bremen entwickelt(2). Durch SOPESS werden die Merkmalsräume Körperkoordination, Visuomotorik, Visuelles Wahrnehmen und Schlussfolgern, Selektive Aufmerksamkeit, Mengen- und Zahlenvorwissen sowie Sprache erfasst.

Für die Merkmalsräume von SOPESS werden im Rahmen der Dokumentation der schulärztlichen Untersuchungen Screeningpunktwerte dokumentiert. Diese werden zu Orientierungswerten mit den Ausprägungen auffällig, grenzwertig und unauffällig zusammengefasst. Die Orientierungswerte wurden bei der Normierung von SOPESS in Feldstudien ermittelt. Als auffällig wurde der Punktwertbereich definiert, den 10% der Kinder des unteren Leistungsbereiches der Normierungsstichprobe maximal erreichten (Prozentrang <=10). Die Grenzen für die Kategorie grenzwertig liegen zwischen dem 10. und 25. Prozentrang. Kinder, die einen Punktwert über dem 25. Prozentrang erzielten, wurden in die Kategorie unauffällig eingestuft. Die Orientierungswerte helfen der Schulärztin/dem Schularzt den Entwicklungsstand der untersuchten Kinder zu beurteilen und überflüssige und zeitaufwändige Untersuchungen bei screening-unauffälligen Kindern zu vermeiden.

Das Screening gibt der Schulärztin oder dem Schularzt deutliche Hinweise bezüglich einer eventuell vorhandenen sprachlichen Einschränkung. In der Gesamtschau der weiteren schulärztlichen Befundung und unter Hinzuziehung der sozialpädiatrischen Anamnese unterstützt die Schulärztin/der Schularzt im Rahmen der schulärztlichen Beratung die Eltern, die Schule oder die Kindertagesstätte im Hinblick auf die individualisierten Fördermöglichkeiten des Kindes. Bei einem Verdacht auf eine Entwicklungsstörung der Sprache initiiert die Schulärztin/der Schularzt eine weitere Diagnostik durch die behandelnde Kinder- und Jugendärztin bzw. den behandelnden Kinder- und Jugendarzt oder den öffentlichen Gesundheitsdienst. Dies geschieht ggf. in Zusammenarbeit mit einer sprachtherapeutischen Beratungsstelle, damit möglichst noch vor Schulbeginn eine notwendige ärztliche oder therapeutische Behandlung eingeleitet werden kann. Hierdurch leistet die schulärztliche Untersuchung einen wichtigen Beitrag zur gesundheitlichen Chancengleichheit.

Anhand des Indikators können die Häufigkeit von Auffälligkeiten im Bereich auditive Merkfähigkeit analysiert und Unterschiede auf kommunaler und auf landesweiter Ebene verdeutlicht werden.

Zur genauen Definition und zur Durchführung von SOPESS vgl.:

(1) v. Suchodolez W., Alberti A., Berwanger D.: Sind umschriebene Sprachentwicklungsstörungen Folge von Defiziten in der auditiven Wahrnehmung? Klinische Pädiatrie (2004), Nr. 216, S.49-56.

(2) Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalen (LIGA.NRW) (Hrsg.): Sozialpädiatrisches Entwicklungsscreening für Schuleingangsuntersuchungen – SOPESS. Theoretische und statistische Grundlagen zur Testkonstruktion, Normierung und Validierung. Düsseldorf: LIGA.NRW 2009.

Im Unterschied zu Indikator 3.57 (L) „Befunde bei Einschulungsuntersuchungen nach Geschlecht, Nordrhein-Westfalen“ stellt der vorliegende Indikator ausschließlich die im Screening erzielten Orientierungswerte dar, ohne Berücksichtigung weiterer Bewertungsausprägungen und Informationen wie Anamnese, Vorbefunde oder Erkenntnisse aus der durchgeführten Untersuchung.

Durch die Einführung des SOPESS-Screeningverfahrens im Jahr 2010 ist die Vergleichbarkeit mit den Daten der Vorjahre (nach dem S-ENS Screeningverfahren) nicht durchgängig gegeben.

 

Vergleichbarkeit

Dieser Indikator wurde im Jahr 2020 rückwirkend umgestellt und zur besseren Abgrenzung gegenüber dem neu eingeführten Indikator 03.57_05 „Auffälligkeiten bei Einschulungsuntersuchungen im Bereich Sprachkompetenz“ umbenannt. Zuvor fanden sich die Werte im früheren Indikator 3.57_01 unter dem Titel „Auffälligkeiten des Entwicklungsstandes bei Einschulungsuntersuchungen“ mit den weiteren Bereichen Körperkoordination, Visuomotorik und Visuelle Wahrnehmung in der Spalte „Sprachkompetenz“.

Nicht vergleichbar mit WHO-Indikatoren. Es gibt keinen OECD-Indikator mit Angaben zu Auffälligkeiten bei Einschulungsuntersuchungen im Bereich auditive Merkfähigkeit. Im EU-Indikatorensatz gibt es keinen vergleichbaren Indikator.

Der Indikator 3.57_04 ist ein Ergebnisindikator.

 

Originalquellen

Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen (LZG.NRW):

eigene Berechnungen des LZG.NRW auf der Basis der Dokumentation der schulärztlichen Einschulungsuntersuchungen 2010 ff.

 

Dokumentationsstand

25.05.2021, LZG.NRW