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Gesund älter werden - Der demografische Wandel

Im Zuge des demografischen Wandels wird die Bevölkerung in Deutschland und Nordrhein-Westfalen immer älter. Wie sehen die Zahlen und Fakten genau aus? Welche Prognosen ergeben sich für die Zukunft? Was heißt in diesem Kontext Gesundheitsförderung im Alter? Welche Chancen, aber auch Herausforderungen sind damit verbunden?

Daten und Fakten

Bevölkerung in NRW 2014 und 2060 (IT.NRW)
Abbildung 1: Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen am 01.01.2014 und 01.01.2060 nach Alter und Geschlecht (Quelle: IT.NRW 2015a)

Die Altersstruktur der heutigen Gesellschaft verändert sich. Bei dem demografischen Wandel in Deutschland handelt es sich um einen langfristigen Bevölkerungsprozess, in dessen Ergebnis sich Größe und Struktur der Bevölkerung verändern. Die entscheidende Konsequenz des demografischen Wandels liegt in der demografischen Alterung, also in den Verschiebungen hinsichtlich der Altersstruktur der Bevölkerung zugunsten älterer und zuungunsten jüngerer und mittlerer Altersgruppen. Bis zum Jahr 2060 wird sich die Bevölkerung nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes Deutschland voraussichtlich um knapp sieben Millionen Menschen auf 67-73 Millionen verringern. Der Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung wächst dabei in den kommenden Jahren deutlich an. 2030 werden voraussichtlich 21 % der deutschen Bevölkerung 60 Jahre und älter sein (Statistisches Bundesamt 2015b). Auch die durchschnittlich in Gesundheit verbrachte Lebenszeit verlängert sich - die Menschen werden gesünder älter - mit Unterschieden nach Sozialstatus, Geschlecht und Herkunft (BZgA 2012, LIGA.NRW 2011).

Zählt man in Nordrhein-Westfalen alle Personen ab 65 Jahren zu den älteren Menschen, dann macht diese Bevölkerungsgruppe 20,6 % der Einwohnerinnen und Einwohner des Landes im Jahr 2014 aus. Bis zum Jahr 2060 wird ein Anstieg auf 30 % erwartet (IT.NRW 2015a). "Ende des Jahres 2009 waren gut 424.000 ältere Personen pflegebedürftig im Sinne des SGB XI, gegenüber 2001 ist dies ein Anstieg um 12,9 %" (MAIS NRW, S. 51).

"An der Veränderung des Altenquotienten ist der Demografische Wandel in den vergangenen Jahrzehnten ebenfalls deutlich abzulesen. Im Jahr 2000 standen 100 Personen der mittleren Generation 28 Personen im Alter von 65 Jahren und älter gegenüber. 2010 ist der Altenquotient bereits auf einen Wert von 34 gestiegen" (MAIS NRW 2012, S. 29) - mit regionalen Mustern, zum Beispiel einem überdurchschnittlich hohen Anteil der Älteren in Städten des Ruhrgebiets und Kreisen in Ostwestfalen-Lippe. Damit liegt der Altenquotient in Nordrhein-Westfalen aktuell geringfügig höher als im Durschnitt Westdeutschlands (2010: 33). Mit zunehmendem Alter wird die Bevölkerung auch "weiblicher", da Frauen im Durchschnitt eine höhere Lebenserwartung haben. So liegt in Nordrhein-Westfalen die Lebenserwartung von Frauen bei 82,06 Jahren und von Männern bei 77,08 Jahren (LZG.NRW 2015c; MAIS NRW 2012).

Steigerung der Lebenserwartung - in guter Gesundheit oder in Krankheit?
Im Zusammenhang von demografischer Alterung nimmt der Aspekt der gewonnenen Lebenserwartung einen besonderen Stellenwert ein. Hier steht die Frage im Mittelpunkt, wie die gewonnenen Lebensjahre gelebt werden - ob in guter Gesundheit oder in Krankheit.

  1. Impliziert das "Älterwerden", dass die steigende Lebenserwartung mit einer längeren Zeit an gesundheitlich beeinträchtigten Lebensjahren einhergeht? Erhöht sich folglich die Dauer der Lebenszeit, die in Krankheit verbracht wird (Medikalisierungsthese)?
  2. Oder verlängert sich mit steigender Lebenserwartung auch die Lebenszeit in Gesundheit? Können also die Dauer der Lebenszeit in Gesundheit und chronische Krankheiten präventiv beeinflusst beziehungsweise hinausgezögert werden (Morbiditätskompressionsthese) (RKI 2009)?

Beide Ansätze werden zurzeit diskutiert, im Folgenden wird jedoch der positive Ansatz von Gesundheitsförderung und Prävention im Alter als zentraler Ansatz für ein gesundes Älterwerden fokussiert.

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    Informationen zum demografischen Wandel in den einzelnen Bundesländern.

Altersbilder

Die Gesellschaft erlebt heute schon eine deutlich längere Phase des Altwerdens und Altseins. Dies hat individuelle Auswirkungen auf die Arbeit, die Gesundheitsversorgung, die Familie, soziale Beziehungen und die finanzielle Situation. Die Wahrnehmung von Alter wird dabei durch das gesellschaftliche Altersbild und eigene Erfahrungen und Ansichten geprägt. „Altersbilder haben Auswirkungen auf das Selbstbild, die Nutzung von Potenzialen und Kompetenzen, die individuelle Lebensplanung, die Bemühungen um selbstverantwortliche Gestaltung des eigenen Älterwerdens sowie Möglichkeiten und Gelegenheiten zur sozialen Teilhabe“ (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen 2007, S. 31).

Ein hohes Gesundheitsförderungspotenzial besteht in der Entwicklung positiver Altersbilder, die letztendlich von der Gesellschaft verinnerlicht werden. Diese Bilder betonen positive Aspekte, wie im Lebenslauf entwickelte Kompetenzen, und rücken negative Aspekte, wie (gesundheitliche) Einschränkungen und Verluste, in den Hintergrund (Gesundheit Berlin-Brandenburg 2014, Sachverständigenkommission 2001). Gesellschaftliche Strukturen müssen somit dahingehend gestärkt werden, dass sie ein positives Bild vom Alter vermitteln und Entwicklungsmöglichkeiten und Potentiale älterer Menschen unterstützen. Denn Altersbilder können sich auch auf die Bereiche Gesundheitsförderung und Prävention auswirken. In diesen können eher defizitorientierte Altersbilder (zum Beispiel verknüpft mit bestimmten Verhaltensweisen im Alter), sowohl auf Seiten der Multiplikatorinnen und Multiplikatoren als auch auf Seiten der älteren Frauen und Männer selbst, gesundheitsförderliche und präventive Maßnahmen be- und verhindern (BMG 2012, Kruse 2002).

Zielgruppe

Bevölkerung ab 60 nach Alter und Geschlecht, Deutschland (Statistisches Bundesamt Wiesbaden)
Abbildung 2: Bevölkerung ab 60 Jahre nach Altersgruppen und Geschlecht, Deutschland, 31.12.2013 (Copyright: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2015a)

Wer gehört zu der Zielgruppe der älteren oder alten Menschen? Und wie viele ältere beziehungsweise alte Frauen und Männer gibt es in Deutschland und Nordrhein-Westfalen?

Die Zahl älterer Menschen nimmt in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen zu. Im Jahr 2013 waren knapp 22 Millionen Menschen in Deutschland 60 Jahre alt und älter, das entspricht einem Anteil von rund 27,1 % der deutschen Bevölkerung (siehe Abbildung 2).

Bevölkerung ab 60 nach Alter und Geschlecht, NRW (LZG.NRW)
Abbildung 3: Bevölkerung ab 60 Jahre nach Altersgruppen und Geschlecht, Nordrhein-Westfalen, 31.12.2013 (Quelle: LZG.NRW 2015b)

In Nordrhein-Westfalen waren am Stichtag des 31.12.2013 von den ca. 17,8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern rund 26,6 % im Alter von 60 Jahren und älter (siehe Abbildung 3).

Das Alter ist vielfältig!
Doch was genau sagen diese Zahlen über die Zielgruppe aus?
Obwohl in Statistiken Altersgrenzen definiert werden, lassen sich ältere Frauen und Männer darüber keinen eindeutigen Kategorien zuordnen. Sie bilden eine sehr heterogene Gruppe mit verschiedensten Bedürfnissen und Ansprüchen. Neben der Altersgruppe sind beispielsweise Aspekte wie Geschlecht, soziale Lage, ethnische Hintergründe und Bildung von besonderer Bedeutung, um die Lebenssituation älterer Menschen einschätzen zu können.

Hinzu kommt, dass sich die Selbstwahrnehmungen und -einschätzungen (subjektive Gesundheit) in dieser Lebensphase zum Teil stark von der objektiven Gesundheit (medizinisch-diagnostizierte Gesundheit) unterscheiden können. Denn die subjektive Gesundheit beschreibt - im Gegensatz zur objektiven Gesundheit - nicht nur somatische und psychische Aspekte, sondern auch das individuelle Gesundheitserleben.

Die subjektive Gesundheit nimmt entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit im Alter. Sie

  • wirkt sich stärker auf eine erhöhte Lebenserwartung aus als die objektive Gesundheit,
  • verschlechtert sich mit zunehmendem Alter,
  • bietet eine bessere Vorhersage für frühzeitige Mortalität als die objektive Gesundheit und
  • spiegelt die Lebenszufriedenheit mit der aktuellen Situation wider (RKI 2009, Kruse 2002, BMG 2012).

Deswegen ist es besser, keine festen Altersgruppen und -grenzen zu benennen, sondern:

  • 'Altern' über den Lebensverlauf zu verorten. Denn: Körperliche und seelisch-geistige Leistungskapazität lässt sich nicht anhand fester Zeitpunkte im Leben erwarten oder vorhersagen.
  • 'Altern' in einen Generationenzusammenhang zu stellen. Denn: Austausch und Hilfe zwischen den Generationen sind intensiv und beidseitig.
  • 'Altern' anhand einschneidender Schlüsselereignisse zu betrachten. Denn: Übergänge wie Eintritt in den Ruhestand oder der Verlust der Partnerin, des Partners sind markante Punkte im Leben, an denen viele Menschen verletzlicher sind als sonst? (BZgA 2012, S. 6).