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Entwicklung der Sterblichkeit und der häufigsten Todesursachen

Trenddiagramm der Sterblichkeit von Männern und Frauen von 2009 bis 2018 in Nordrhein-Westfalen
Abbildung 1: Sterbefälle je 100.000 Einw. des jeweiligen Geschlechts, Nordrhein-Westfalen, 2009-2018. IT.NRW

Im Jahr 2018 sind in Nordrhein-Westfalen 211.140 Menschen verstorben, davon 108.443 Frauen und 102.697 Männer. Der Anteil weiblicher Todesfälle liegt dabei etwas über dem Anteil der weiblichen Bevölkerung, weil Frauen in den älteren Altersgruppen überwiegen und die jüngeren Altersjahrgänge durch geringe Geburtenraten im Zuge des demografischen Wandels geringer besetzt sind. Ebenfalls bedingt durch geringe Geburtenraten nimmt der Anteil der Sterbefälle pro 100.000 Einwohner/innen tendenziell zu. Der Verlauf der Sterblichkeit im Zeitraum von 2009 bis 2018 zeigt jährliche Schwankungen, die unter anderem durch verschieden stark ausgeprägte Grippewellen und zu einem geringeren Anteil durch verschieden stark ausgeprägte Hitzeperioden im Sommer erklärt werden können [Buchholz 2015; an der Heiden et al. 2019; RKI 2019] (siehe Abbildung 1).

Das durchschnittliche Sterbealter lag in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2018 mit 78,3 Jahren um 1,7 Jahre höher als im Jahr 2009. Bei Frauen ist das durchschnittliche Sterbealter im Zeitraum von 2009 bis 2018 von 80,0 auf 81,1 Jahre (plus 1,1 Jahre) angestiegen, bei Männern von 72,9 auf 75,3 Jahre (plus 2,4 Jahre). Das durchschnittliche Sterbealter ist nicht zu verwechseln mit der Mittleren Lebenserwartung für neugeborene Mädchen und Jungen. Diese liegt über dem durchschnittlichen Sterbealter (siehe Factsheet Lebenserwartung).

Gesundheitsindikator 3.1: Sterbefälle nach Geschlecht, NRW, Trend

Factsheet Lebenserwartung

Haupttodesursachen unterscheiden sich in Abhängigkeit vom Alter

 Die häufigsten Todesursachen (siehe Methodische Erläuterungen) verschieben sich mit zunehmendem Alter deutlich: Während in jüngeren Jahren - vor allem bei Männern - der prozentuale Anteil von Unfällen als Todesursache überwiegt, gewinnen im mittleren Alter Krebserkrankungen und im höheren Alter Herz-Kreislauf-Erkrankungen an Gewicht. Krebserkrankungen haben im mittleren Alter bei Frauen einen bedeutend höheren prozentualen Anteil an den Todesursachen als bei Männern (siehe Abbildungen 2 und 3) Männer versterben auch schon im mittleren Lebensalter häufiger als Frauen an Herz-Kreislauf-Krankheiten. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich derzeit über zwei Drittel aller Todesfälle in der Altersgruppe ab 75 Jahren ereignen.

Gestapeltes Flächendiagramm mit den Anteilen der häufigsten Todesursachen von Frauen in NRW nach Altersgruppen im Jahr 2017
Abbildung 2: Anteil der häufigsten Todesursachen (ICD-10 Kodierung) nach Alter bei Frauen, Nordrhein-Westfalen, 2017. IT.NRW, LZG.NRW
Gestapeltes Flächendiagramm mit den Anteilen der häufigsten Todesursachen von Männern nach Altersgruppen im Jahr 2017
Abbildung 3: Anteil der häufigsten Todesursachen (ICD-10 Kodierung) nach Alter bei Männern, Nordrhein-Westfalen, 2017. IT.NRW, LZG.NRW

Gesundheitsindikator 3.8: Häufigste Todesursachen, Alter, Geschlecht, NRW

Ein Blick auf die verschiedenen Einzeldiagnosen zeigt, dass bei beiden Geschlechtern 40 % aller Todesfälle auf zehn Todesursachen zurückzuführen sind (siehe Abbildung 4). Diese Todesursachen stammen fast ausschließlich aus den zwei Bereichen Herz-Kreislauf- Erkrankungen (ischämische Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, Herzinfarkt, Bluthochdruck-bedingte Herzkrankheit) sowie Krebserkrankungen (Lungen-, Brust-, Darm-, Prostata- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs). Bezogen auf die absoluten Fallzahlen der Einzeldiagnosen zeigt sich die "Nicht näher bezeichnete Demenz" (ICD-10 F03) bei den Frauen als zweithäufigste Todesursache in der Todesursachenstatistik.

Rangliste der zehn häufigsten Todesursachen nach Geschlecht im Jahr 2017 und Entwicklung im 10-Jahres-Trend
Abbildung 4: Rangliste der zehn häufigsten Todesursachen (ICD-10 Kodierung), nach Geschlecht, Nordrhein-Westfalen, 2017. IT.NRW, LZG.NRW

Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Todesursache rückläufig, Demenz zunehmend

Bemerkenswert ist, dass die Todesursache Herzinfarkt bei Frauen wie Männern eine deutlich rückläufige Tendenz aufweist. Die altersbereinigten Sterberaten haben sich von 2008 bis 2017 nahezu halbiert (minus 44 % bei den Frauen und minus 40 % bei den Männern).

Stattdessen schieben sich andere Todesursachen in den Vordergrund; besonders auffällig ist die bereits erwähnte Entwicklung der Demenz als Todesursache. Die Sterberaten liegen nach Altersbereinigung für beide Geschlechter im Jahr 2017 mehr als dreimal so hoch wie im Jahr 2008. Diese sprunghafte Zunahme innerhalb von 10 Jahren beruht wahrscheinlich nur zu einem geringen Teil auf einer realen Zunahme der demenzbedingten Sterbefälle (zumal die dem demografischen Wandel geschuldete Zunahme altersbedingter Krankheiten durch die Altersbereinigung der Sterberaten sozusagen herausgerechnet wird). Es ist vielmehr davon auszugehen, dass sich das Kodierverhalten der Ärztinnen und Ärzte bei der Ausstellung der Todesbescheinigung sowie das anschließende Verschlüsseln in den Statistischen Landesämtern in den letzten Jahren gewandelt haben. Grundlegendes Prinzip der sogenannten monokausalen Todesursachenverschlüsselung ist, dass in der Regel nicht die unmittelbare Ursache (zum Beispiel das Multiorganversagen) und deren Auslöser (etwa eine Lungenentzündung oder Mangelernährung) als Todesursache erfasst werden sollen, sondern das Grundleiden, welches die genannten Komplikationen ausgelöst hat. Diesem Prinzip wird seit einigen Jahren offenbar vermehrt Rechnung getragen.

Eine Langzeitstudie in den USA hat ergeben, dass bei korrekter Erfassung der Todesursache Alzheimer-Krankheit – eine der häufigsten Ursachen für eine Demenz – die Zahl der durch diese Krankheit bedingten Sterbefälle 5 bis 6 mal höher ausfallen würde, mit dem Ergebnis, dass die Alzheimer-Krankheit nach Herzkrankheiten und Krebs die dritthäufigste Todesursache in den USA bilden würde [James et al. 2014].

Lungenkrebs und chronisch-obstruktive Lungenerkrankung bei Frauen zunehmend

Hervorzuheben sind ebenfalls die beiden Todesursachen, die in erster Linie auf das Rauchen zurückzuführen sind, nämlich Lungenkrebs (ICD-10: C34) und Chronische obstruktive Lungenkrankheit (COPD, ICD-10: J44). Bei den Männern stehen diese Diagnosen an zweiter und vierter Stelle und erreichen zusammen einen Anteil von 11,3 % aller Todesfälle (11.280 Verstorbene). Allerdings ist die Todesursache Lungenkrebs bei den Männern seit Jahren rückläufig (Abnahme der altersbereinigten Sterberate um fast 18 % zwischen 2008 und 2017).

Bei den Frauen stellt sich dies ganz anders dar. Entgegen dem allgemeinen Trend nehmen die Sterberaten der Frauen in Bezug auf Lungenkrebs und COPD in den letzten zehn Jahren deutlich zu. Wir sehen hier die Auswirkungen einer Entwicklung, die durch die kontinuierlich steigende Zahl von rauchenden Frauen seit den 1970er Jahren gekennzeichnet ist. Die Zahl der an Lungenkrebs und COPD verstorbenen Frauen ist seit 2008 um 28 % von 6.300 auf 8.063 angestiegen (Anstieg der altersbereinigten Sterberate wegen Lungenkrebs 9 %, wegen COPD 33 %). Zusammen haben diese beiden mit dem Rauchen assoziierten Todesursachen einen Anteil von 7,7 % an allen Sterbefällen. Die Sterbefälle der Frauen aufgrund von Lungenkrebs liegen 2017 mit 4.355 Fällen bereits erkennbar höher als die durch Brustkrebs verursachten Sterbefälle (4.166 Fälle). Brustkrebs war bis einschließlich 2013 die häufigste krebsbedingte Todesursache bei Frauen. In der Altersgruppe der unter 80-jährigen Frauen steht Lungenkrebs bereits mit deutlichem Abstand vor dem Brustkrebs auf Platz 1 aller Todesursachen.

Gesundheitsindikator 3.2: Sterbefälle, Hauptdiagnosegruppen, Geschlecht, NRW

Fortschreibung des Bevölkerungsstandes. Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW).

Statistik der Sterbefälle. Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW).

Todesursachenstatistik. Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW).

Todesursachenstatistik
Für die Statistik der natürlichen Bevölkerungsbewegung werden bei Sterbefällen der Sterbetag, das Geschlecht, das Alter, der Familienstand und der Wohnort erfasst. Die Todesursachenstatistik umfasst alle im Berichtsjahr Gestorbenen ohne die Totgeborenen und ohne die nachträglichen beurkundeten Kriegssterbefälle und die gerichtlichen Todeserklärungen (zum Beispiel verschollene Personen). Sie stützt sich auf den Leichenschauschein, der von der/dem den Tod feststellenden Ärztin/Arzt ausgefüllt wird sowie auf die Sterbefallzählkarte. Die Kodierung der Todesfälle erfolgt auf Basis der geltenden ICD-10 Klassifikation der Todesursachen unikausal nach dem Grundleiden im zuständigen Statistischen Landesamt (in Nordrhein-Westfalen der Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW)).

In der Altersgruppe der 1- bis 4-Jährigen werden die einzelnen Altersjahre aus Datenschutzgründen zusammengefasst. Die genutzten Daten enthalten alle im Laufe des Berichtsjahres verstorbenen Personen mit Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen nach Alter und Geschlecht und mit dreistellig kodierter Todesursache nach ICD-10.

Buchholz U: Aktualisierung der der Influenza zugeschriebenen Mortalität, bis einschließlich der Saison 2012/2013. Epidemiologisches Bulletin. 2015 (2015), Nr. 3, S. 17-20.

an der Heiden M, Muthers S, Niemann H, et al.: Schätzung hitzebedingter Todesfälle in Deutschland zwischen 2001 und 2015. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz. 62 (2019), Nr. 5, S. 571-579.

James BD, Leurgans SE, Hebert LE, et al.: Contribution of Alzheimer disease to mortality in the United States. Neurology. 82 (2014), Nr. 12, S. 1045-1050.

Robert Koch-Institut (RKI): Bericht zur Epidemiologie der Influenza in Deutschland, Saison 2018/19. Berlin: Robert Koch-Institut. 2019.