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Allergien im Kindesalter

Grafik zur ambulanten Behandlungshäufigkeit verschiedener allergischer Erkrankungen der 0 bis 14-Jährigen
Abbildung 1: Ambulante Behandlungshäufigkeit verschiedener allergischer Erkrankungen (ICD-10: L20, J30, J45) der 0 - 14-Jährigen in Prozent, nach Geschlecht, Nordrhein-Westfalen, 2015. KV Nordrhein und Westfalen-Lippe, LZG.NRW

Beim Thema Allergien wird häufig zuerst an Nahrungsmittel- oder Kontaktallergien gedacht. Im Kindesalter zählen aber vor allem Asthma, Heuschnupfen und Neurodermitis (Erkrankungen des atopischen Formenkreises) zu den bedeutsamen allergischen Erkrankungen. Sie gehören zu den 15 häufigsten Behandlungsanlässen in der Kinderarztpraxis. Bei allen drei Erkrankungen liegt eine erhöhte Bereitschaft zur Produktion allergenspezifischer Antikörper vor. In Deutschland kann von einer Lebenszeitprävalenz dieser atopischen Allergien von 24 % unter den 0- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen ausgegangen werden [Thamm et al. 2018].

Gesundheitsindikator 3.21: Häufigste Diagnosen in der Kinderarztpraxis nach Geschlecht

Zur Darstellung des Vorkommens atopischer Erkrankungen im Kindesalter in Nordrhein-Westfalen werden die ambulanten Behandlungsdiagnosen der Kassenärztlichen Vereinigungen genutzt. Da Asthma, Heuschnupfen und Neurodermitis zumeist eine regelmäßige Behandlung notwendig machen, können die Zahlen das Erkrankungsgeschehen im Kindesalter ausreichend genau abbilden. Jedoch beinhaltet die Statistik nur gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten, Behandlungen privat Versicherter werden nicht dargestellt (etwa 10 % der Bevölkerung). Dies kann zu einer Unterschätzung der Erkrankungshäufigkeit führen, da als Bezugsbevölkerung die Gesamtbevölkerung Nordrhein-Westfalens der jeweiligen Altersgruppe genutzt wird.

Knapp 200.000 Kinder zwischen 0 und 14 Jahren wurden 2015 in Nordrhein-Westfalen aufgrund von Neurodermitis und ebenfalls etwa 200.000 aufgrund von Asthma bronchiale ambulant behandelt. Dies entspricht jeweils 8,4 % der Kinder dieser Altersgruppe. Die Fallzahl für Heuschnupfen liegt bei 170.000 (7 % dieser Altersgruppe).

Die dargestellten ambulanten Behandlungshäufigkeiten zu Neurodermitis und Heuschnupfen sind in etwa vergleichbar mit den jeweiligen 12-Monats-Erkrankungshäufigkeiten, die im Rahmen von KiGGS Welle 2 für die Altersgruppe 0 bis 17 Jahre festgestellt wurden (Neurodermitis: 7,0 %, Heuschnupfen: 8,8 %) [Thamm et al. 2018]. Nur für Asthma bronchiale liegt die 12-Monats-Erkrankungshäufigkeit basierend auf KiGSS-Daten mit 3,5 % deutlich unter der ambulanten Behandlungshäufigkeit in Nordrhein-Westfalen [Thamm et al. 2018]. Eine Ursache für diese deutliche Differenz kann in der methodischen Unterschiedlichkeit der Datenerhebung (Befragungsdaten versus Abrechnungsdaten) liegen. Die Geschlechterverteilung ist bei Neurodermitis annähernd gleich, während Behandlungen von Asthma bronchiale und Heuschnupfen bei Jungen deutlich häufiger als bei Mädchen vorkommen (siehe Abbildung 1). Dieser Geschlechterunterschied wird auch durch die KiGGS-Studie bestätigt [Thamm et al. 2018].

Grafik zur ambulanten Behandlungshäufigkeit verschiedener allergischer Erkrankungen der 0 bis 14-Jährigen in Prozent
Abbildung 2 Ambulante Behandlungshäufigkeit verschiedener allergischer Erkrankungen (ICD-10: L20, J30, J45) in Prozent nach Alter, Nordrhein-Westfalen, 2015. KV Nordrhein und Westfalen-Lippe, LZG.NRW

Ein Vergleich der ambulanten Behandlungszahlen 2006 mit den Daten aus 2015 zeigt bei Mädchen und Jungen der Altersgruppe 0 bis 14 Jahre eine Zunahme der Behandlungshäufigkeit aufgrund von Asthma bronchiale und bei Jungen eine Zunahme der Behandlungshäufigkeit des Heuschnupfens. Während bei den Mädchen die ambulante Behandlungshäufigkeit der Neurodermitis abnimmt, bleibt die Rate bei den Jungen stabil.

Die Trendbeobachtung auf Bundesebene anhand der KiGGS-Daten zeigt zwischen der KiGGS Basiserhebung (2003-2006) und KiGGS Welle 2 (2014-2017) keine signifikanten Veränderungen hinsichtlich der 12-Monats-Prävalenz von Asthma bronchiale, Heuschnupfen und Neurodermitis für die Gruppe der 0 bis 17-Jährigen [Thamm et al. 2018].

Bei Betrachtung der einzelnen Altersgruppen wird deutlich, dass das Vorkommen der Neurodermitis mit dem Alter abnimmt und des Heuschnupfens deutlich zunimmt (siehe Abbildung 2).

Kinder und Jugendliche können mit allergischen Reaktionen auf verschiedene Allergene wie Hausstaubmilben, Tierepithelien, Pollen, Schimmelpilze oder Nahrungsmittel reagieren. Für diese spezifischen Allergien liegen jedoch keine Daten für Nordrhein-Westfalen vor. Ergebnisse einer bundesweiten Studie zur Kinder- und Jugendgesundheit (KiGGS) zeigen, dass etwa 41 % der hier untersuchten 3- bis 17-Jährigen sensibel auf ein oder mehrere Allergene der oben genannten Gruppen reagieren. Dabei ist nur ein Siebtel gegenüber einem Allergen sensibel, mehrheitlich liegt eine Polysensibilisierung vor. Polysensibilisierungen gehen mit einer erhöhten Häufigkeit von Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis einher [Langen 2012].

Allergische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter können einen erhöhten medizinischen Versorgungsbedarf sowie Fehlzeiten in der Schule mit sich bringen. Aus diesem Grund ist es wichtig, insbesondere Eltern, die selbst an Allergien leiden, über Präventionsmaßnahmen wie beispielsweise Vermeidung einer Passivrauchbelastung zu informieren. Erkrankte Kinder und Jugendliche sollten neben einer medikamentösen Behandlung auch im selbständigen Umgang mit der Erkrankung geschult werden.

Fortschreibung des Bevölkerungsstandes. Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW).

Statistik der ambulanten Behandlungsdiagnosen. KV Nordrhein und KV Westfalen-Lippe.

Langen U: Sensibilisierungsstatus bei Kindern und Jugendlichen mit Heuschnupfen und anderen atopischen Erkrankungen. Ergebnisse aus dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS). Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz. 55 (2012), S. 318-321.

Thamm R. Poethko-Müller C, Hüther A, et al.: Allergische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland - Querschnittsergebnisse aus KiGGS Welle 2 und Trends. Journal of Health Monitoring. 3 (2018), Nr. 3, S. 3-18.