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Entwicklung der Krebserkrankungen in Nordrhein-Westfalen
Im Jahr 2015 wurde bei etwa 53.000 Frauen und 56.000 Männern eine Krebsdiagnose (ICD-10: C00-C97 (ohne nicht melanotischen Hautkrebs, C44) gestellt. Statistisch gesehen erhält jede/r Zweite im Laufe des Lebens eine Krebsdiagnose [LKR NRW 2018].
Die Wahrscheinlichkeit eine Krebsdiagnose zu erhalten steigt mit zunehmendem Alter (siehe Abbildung 1). Ab dem 60. Lebensjahr ist die Neuerkrankungsrate der Männer deutlich höher als die der Frauen. In der Altersgruppe zwischen 25 und 54 Jahren sind jedoch Frauen häufiger betroffen. Dies ist vor allem durch das häufige Auftreten von Brustkrebs in einem vergleichsweise frühen Lebensalter zu erklären.
Unter den diagnostizierten Krebserkrankungen (ohne C44) dominieren Brustkrebs bei den Frauen und Prostatakrebs bei den Männern. Auf Rang zwei und drei liegen bei Frauen und Männern Darmkrebs und Lungenkrebs (siehe Abbildung 2), wobei die Diagnose Lungenkrebs bei Männern deutlich häufiger als bei Frauen gestellt wird.
Viele der bei den Männern vermehrt vorkommenden Krebsarten werden durch Alkohol und/oder Tabakrauch (aktiv und passiv) begünstigt. Dazu zählen insbesondere Lungenkrebs, Harnblasenkrebs, Krebs im Mund-/Rachenraum, Nierenkrebs und Speiseröhrenkrebs. Weitere wichtige Risikofaktoren sind bakterielle Infektionen durch Helicobacter pylori im Zusammenhang mit der Entstehung von Magenkrebs sowie eine fleischreiche und gemüsearme Ernährung (in Bezug auf Magenkrebs und Darmkrebs). Bluthochdruck und Übergewicht gelten als wichtige Risikofaktoren für Nierenkrebs. Zu den Risikofaktoren für Prostatakrebs gibt es bisher keine gesicherten Erkenntnisse.
Etwa 5 bis 10 von 100 Brustkrebsfällen sind auf ein genetisches Risiko zurückzuführen. Dies ist oft an einer familiären Häufung erkennbar [KID 2018]. Als Risikofaktoren in Bezug auf die Brustkrebsentstehung, die zumindest teilweise beeinflussbar sind, gelten ein höheres Alter bei der ersten Geburt, Nicht-Stillen, Übergewicht, Alkoholkonsum und Bewegungsmangel [Barnes et al. 2011, Smith-Bindmann 2012, González-Jiménez et al. 2013, Victora et al. 2016].
Das maligne Melanom wird durch künstliche und natürliche UV-Strahlung begünstigt, insbesondere bei starker Exposition im Kindes- und Jugendalter [RKI & GEKID 2012].
Das Alter, in dem eine Krebsdiagnose gestellt wird, variiert je nach Krebsart stark. Generell ist Krebs eine Diagnose, die eher die höheren Altersgruppen betrifft. Das mittlere Alter (hier als Median angegeben), in dem eine Krebsdiagnose gestellt wird, beträgt 69 Jahre für Frauen und 71 Jahre für Männer [LKR NRW 2018]. Krebserkrankungen, die im Mittel in einem früheren Lebensalter (< 60 Jahre) diagnostiziert werden, sind beispielsweise Hodenkrebs (Männer: 37 Jahre), Hodgkin Lymphome (Frauen: 38 Jahre, Männer: 48 Jahre), Schilddrüsenkrebs (Frauen: 50 Jahre, Männer: 54 Jahre), Gebärmutterhalskrebs (Frauen: 53 Jahre) und malignes Melanom (Frauen: 58 Jahre) [LKR NRW 2018].
Um eine Krebserkrankung in einem möglichst frühen Stadium zu erkennen und somit eine gute Behandlungsprognose zu erzielen, wird je nach Lebensalter und Geschlecht die Teilnahme an Krebsfrüherkennungsuntersuchungen empfohlen. Für gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten werden Früherkennungsuntersuchungen der Brust, der Gebärmutter, der Prostata, des Darms und der Haut angeboten und von den Krankenkassen finanziert.
Nach dem Erhalt einer Krebsdiagnose schließt sich häufig ein langwieriger Prozess der weitergehenden Abklärung, Behandlung und Nachsorge an. Insgesamt wurden 2015 etwa 162.000 stationäre Krebsbehandlungen bei Frauen und 187.000 Behandlungen bei Männern durchgeführt (ICD-10: C00-C97). Bei diesen Zahlen ist zu beachten, dass sie Krankheitsbehandlungen und nicht die Anzahl der im Krankenhaus behandelten Personen darstellen. Da die Krebstherapie oft durch mehrere Behandlungszyklen geprägt ist, kann man davon ausgehen, dass die Behandlungszahlen deutlich über der Anzahl behandelter Frauen und Männer liegen.
Durchschnittlich verbleiben Patientinnen und Patienten in Nordrhein-Westfalen mit einer Krebsdiagnose 8,3 Tage im Krankenhaus (2015). Diese Verweildauer entspricht dem Bundesdurchschnitt und ist knapp einen Tag länger als die allgemeine stationäre Verweildauer in Nordrhein-Westfalen (7,4 Tage). Die altersstandardisierte Rate stationärer Behandlungen aufgrund einer Krebsdiagnose ist insgesamt im Zeitraum 2005 bis 2015 leicht zurückgegangen und beläuft sich seit einigen Jahren auf etwa 1.300 Behandlungen je 100.000 Einw. (siehe Abbildung 3).
Die relative Überlebensrate bei Krebserkrankungen ist seit Jahren bei Frauen und Männern relativ konstant [LKR NRW 2017]. Fünf Jahre nach Diagnosestellung liegt die relative Überlebensrate der Krebspatientinnen bei 65 % und die der Krebspatienten bei 60 % [LKR NRW 2018]. Diese Rate setzt das Überleben von Personen mit Krebserkrankungen in Relation zum Überleben der allgemeinen Bevölkerung. Eine relative Überlebensrate von 60 % bedeutet ein um 40 % reduziertes Überleben im Vergleich zur allgemeinen Überlebensrate der Bevölkerung gleichen Alters.
Das relative Überleben nach Krebs ist jedoch eine sehr allgemeine Kennziffer, je nach Tumorlokalisation und Stadium der Erkrankung bei der Diagnosestellung differiert diese Rate deutlich. Diesbezüglich haben Bauchspeicheldrüsenkrebs, Lungenkrebs, Speiseröhrenkrebs und Magenkrebs eine eher schlechtere Prognose, während die Prognose beim malignen Melanom, Hodenkrebs, Prostatakrebs, Schilddrüsenkrebs, dem Hodgkin-Lymphom und Brustkrebs durchschnittlich besser ist [LKR NRW 2018].
Trotz der verbesserten Behandlungsmöglichkeiten stellen Krebserkrankungen nach Herz-Kreislauf-Krankheiten die zweithäufigste Todesursache in Nordrhein-Westfalen dar. Allerdings verlagert sich die Sterblichkeit zunehmend in höhere Altersgruppen. Verstorben sind 2015 etwa 24.000 Frauen und 27.000 Männer (ICD-10: C00-C97). Aufgrund der Zunahme älterer Menschen in der Bevölkerung sind 2015 etwa 7 % mehr Menschen an Krebs verstorben als zehn Jahre zuvor. Die altersstandardisierte Sterblichkeit an Krebserkrankungen nimmt jedoch im Zeitverlauf ab - ein Trend, der bei den Männern deutlich ausgeprägter ist als bei den Frauen. Gründe für die Reduktion der altersstandardisierten Sterblichkeit sind vor allem verbesserte therapeutische Verfahren und zum Teil auch eine verbesserte Früherkennung [RKI 2016]. Nordrhein-Westfalen liegt bezüglich der Krebssterblichkeit leicht über dem Bundesdurchschnitt (siehe Abbildung 4).
Gesundheitsindikator 3.66: Bösartige Neubildungen nach Geschlecht, NRW, 2007-2017
Frauen und Männer versterben im Mittel mit 77 Jahren an einer Krebserkrankung [LKR NRW 2018]. Die Sterberate der Männer ist in nahezu allen Altersgruppen, mit Ausnahme der Altersgruppen 1 bis 14 Jahre und 35 bis 49 Jahre, höher als die der Frauen (s. Abbildung 5). Die Gründe für die Geschlechterunterschiede variieren je nach Krebsart. Sie sind bei einigen Krebsarten überwiegend genetisch bedingt und beruhen bei anderen Krebsarten stärker auf Lebensstilfaktoren wie Rauchen und Alkoholkonsum [Dunford et al. 2017].
Fortschreibung des Bevölkerungsstandes. Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW).
Landeskrebsregister NRW.
Todesursachenstatistik. Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW).
Todesursachenstatistik. Gesundheitsberichterstattung des Bundes (gbe-bund), Statistisches Bundesamt.
Krankenhausstatistik. Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW).
Zentrum für Krebsregisterdaten im Robert Koch-Institut. Robert Koch-Institut.
Barnes BB, Steindorf K, Hein R, et.al.: Population attributable risk of invasive postmenopausal breast cancer and breast cancer subtypes for modifiable and non-modifiable risk factors. Cancer Epidemiology. 35 (2011), Nr. 4, S. 345-352.
Dunford A, Weinstock DM, Savova V et al.: Tumor-suppressor genes that escape from X-inactivation contribute to cancer sex bias. Nature Genetics. 49 (2017), Nr. 1, S. 10-16.
González-Jiménez E, García PA, Aguilar MJ, et al.: Breastfeeding and the prevention of breast cancer: a retrospective review of clinical histories. Journal of Clinical Nursing. 23 (2013), Nr. 17-18, S. 2397-2403.
Krebsinformationsdienst (KID): Familiärer Brust- und Eierstockkrebs. KID (Stand: 25.01.2018), unter: https://www.krebsinformationsdienst.de/wegweiser/iblatt/iblatt-familiaerer-brust-u-eierstockkrebs.pdf (Abruf: März 2019)
Landeskrebsregister NRW (LKR NRW) (Hrsg.): Jahresbericht 2016. Krebsgeschehen in Nordrhein-Westfalen 2014. Bochum: Landeskrebsregister NRW 2017.
Landeskrebsregister NRW (LKR NRW) (Hrsg.): Jahresbericht 2017. Krebsgeschehen in Nordrhein-Westfalen 2015. Bochum: Landeskrebsregister NRW 2018.
Robert Koch-Institut (RKI), Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister Deutschland e. V. (GEKID) (Hrsg.): Krebs in Deutschland 2005/2006 - Häufigkeiten und Trends. Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Berlin: Robert Koch-Institut und Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister Deutschland e. V. 2010.
Robert Koch-Institut (RKI) (Hrsg.): Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016. Berlin: Robert Koch-Institut 2016.
Smith-Bindman R: Environmental causes of breast cancer and radiation from medical imaging: findings from the Institute of Medicine report. Archives of Internal Medicine. 172 (2012), Nr. 13, S. 1023-1027.
Victora CG, Bahl R, Barros AJD et al.: Breastfeeding in the 21st century: epidemiology, mechanisms and lifelong effect. Lancet. 387 (2016), Nr. 10017, S. 475-490.