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Suchterkrankungen
Die datengestützte Darstellung von Psychischen oder Verhaltensstörungen aufgrund des Konsums psychotroper Substanzen (legaler und illegaler Drogen im engeren Sinne) unterliegt einigen Beschränkungen. Bei der Betrachtung der ambulanten und stationären Behandlungsdaten ist eine schwer einschätzbare Dunkelziffer zu berücksichtigen. So werden Personen, die sich keiner medizinischen Behandlung unterziehen, anhand dieser Routinedaten nicht erfasst. Zwar können Befragungen (Surveys) zu häufig vorkommenden Suchterkrankungen Anhaltspunkte liefern, Fehlerquellen liegen hier jedoch im Bereich der Erreichbarkeit und Teilnahmebereitschaft von Personen mit einer Suchtproblematik sowie dem Antwortverhalten, welches insbesondere beim illegalen Drogenkonsum das Ausmaß an Abhängigkeitserkrankungen nur unzuverlässig widerspiegelt.
Der Anteil an Patientinnen und Patienten, die in der ambulanten Versorgung aufgrund stoffgebundener Suchterkrankungen behandelt werden, hat sich nach den Daten der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe in Nordrhein-Westfalen in den Jahren von 2006 bis 2015 erhöht. Am höchsten ist der Anstieg im Bereich der Störungen, die durch den Konsum von Stimulanzien oder Cannabis bedingt sind. Den mit Abstand häufigsten Behandlungsanlass bilden allerdings Störungen durch problematischen Tabak- oder Alkoholkonsum. Die ambulante Behandlungshäufigkeit aufgrund von Störungen durch den Konsum von Tabak (ICD 10: F17) ist seit 2006 um über 100 % auf 4,2 % angestiegen. Die Behandlungshäufigkeit aufgrund von Störungen durch Alkoholkonsum (ICD 10: F10) liegt unter den 15- bis 64-Jährigen bei 1,3 % (bezogen auf das Berichtsjahr 2015).
Surveybasierte Schätzungen für die Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen lassen vermuten, dass bei 19.5 % der Befragten aus Nordrhein-Westfalen Hinweise auf klinisch relevanten Alkoholkonsum in Bezug auf Trinkgewohnheiten, Abhängigkeitssymptome oder alkoholbezogene Probleme vorliegen [Piontek et al. 2017].
Trendanalysen des epidemiologischen Suchtsurveys geben Informationen zur aktuellen bundesweiten Entwicklung [Kraus et al. 2016]. Hier konnte gezeigt werden, dass der durchschnittliche Konsum legaler Suchtmittel, mit Ausnahme des Schmerzmittelkonsums, zwar allgemein rückläufig ist, der problematische Konsum jedoch zuzunehmen scheint. Für Nordrhein-Westfalen konnte eine Zunahme des problematischen Konsums unter den 18- bis 59-Jährigen für episodisches Rauschtrinken (in der weiblichen Bevölkerung) sowie für Schmerz-, Schlaf-, und Beruhigungsmittel (in der Gesamtbevölkerung) festgestellt werden. Der problematische Gebrauch von Tabak hat dagegen abgenommen [Piontek et al. 2017].
Das Pathologische Spielen als nicht-stoffgebundene Suchterkrankung spielt im Suchtgeschehen zunehmend eine bedeutsame Rolle. Die ärztliche ambulante Behandlungshäufigkeit von Störungen der Impulskontrolle (ICD 10: F63), denen das Pathologische Spielen zuzuordnen ist, hat sich im Zeitraum von 2007 bis 2016 mehr als verdoppelt und lag 2016 bei 0,1 %, bei etwa zwei Drittel der Fälle handelte es sich um Männer. Im ambulanten Suchthilfesystem Nordrhein-Westfalens wurden im Jahr 2016 4.155 Betreuungen dokumentiert (2014: 3.939), diese wurden in 89 % der Fälle von Männern in Anspruch genommen [MAGS 2018]. Nach den Ergebnissen eines 2015 durchgeführten repräsentativen bundesweiten Surveys zeigen 0,68 % der männlichen Befragten und 0,07 % der weiblichen Befragten im Alter von 16 bis einschließlich 70 Jahren pathologisches Glücksspielverhalten [Haß & Lang 2016].
Auch der Video- und Online-Spielsucht (gaming disorder) kommt im Suchtgeschehen eine wachsende Bedeutung zu. Dementsprechend wurde diese Erkrankung in die neueste Version der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) aufgenommen. Belastbare Daten zur Häufigkeit in Nordrhein-Westfalen liegen dazu noch nicht vor.
Fortschreibung des Bevölkerungsstandes. Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW).
Statistik der ambulanten Behandlungsdiagnosen. KV Nordrhein und KV Westfalen-Lippe.
Haß W, Lang P: Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland. Ergebnisse des Surveys 2015 und Trends. Forschungsbericht der BZgA. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 2016.
Kraus L, Piontek D, Atzendorf J, et al.: Zeitliche Entwicklungen im Substanzkonsum in der deutschen Allgemeinbevölkerung. Sucht. 62 (2016), Nr. 5, S. 283-294.
Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) (Hrsg.): Monitoring der ambulanten Sucht- und Drogenhilfe in Nordrhein-Westfalen 2016. Schwerpunktthema "Altersspezifische Aspekte". Düsseldorf: MAGS 2018.
Piontek D, Gomes de Matos E, Atzendorf J, et al.: Substanzkonsum und Hinweise auf klinisch relevanten Konsum in Bayern, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen. Ergebnisse des Epidemiologischen Suchtsurvey 2015. München: IFT-Berichte 2017, Band. 189.