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Gesundheitsorientierte Planung

Das Gesundheitssystem bietet vielfältige Möglichkeiten, Gesundheit und Wohlbefinden der Bevölkerung zu erhalten, wiederherzustellen und zu fördern. Grundlage und Garant hierfür ist unter anderem ein gutes und erfolgreiches Zusammenspiel von gesundheitlicher Versorgung und Pflege sowie Gesundheitsschutz, Prävention und verhältnis- wie verhaltensorientierter Gesundheitsförderung. Der weitaus größere Teil der Einflussnahme auf Gesundheit und Wohlbefinden geschieht jedoch durch Strukturen, Prozesse und Entscheidungen in anderen gesellschaftspolitischen Sektoren, wie zum Beispiel Bauen, Verkehr, Bildung, Soziales und Wirtschaft, aber ebenso durch die natürliche, die baulich-technische und soziale Umwelt. Häufig ist dies den beteiligten und planenden Akteuren nicht in vollem Umfang bewusst. Die "Health in all Policies"-Strategie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert daher, Gesundheitsbelange in die Arbeit aller Sektoren verständlich und konstruktiv einzubringen.

Kommunaler Gesundheitsförderungsprozess

Auf lokaler und regionaler Ebene betrifft dies unter anderem raumbezogene Planungen wie die Bauleitplanung, die Stadtentwicklungsplanung, Sozial- und Umweltplanung, Regionalplanung samt Aufstellung von Masterplänen bis hin zu regional- und landespolitischen Entscheidungen. Raumbezogene Planungen beeinflussen in vielfältiger Weise soziale und gesundheitsbezogene Determinanten der betroffenen Bevölkerung. Dabei werden funktionsgebundene Umgebungs- und Erfahrungsräume (Settings) des Menschen entscheidend geprägt, wie zum Beispiel Wohnstätten, Arbeitsstätten, Schulen, Kindergärten, Grünräume und Gewässer, Verkehrsflächen, Versorgungs- und Freizeiteinrichtungen.

Eine gesunde Lebens- und Wohnumgebung zu gestalten, sichere Verkehrswege und Arbeitsstätten anzubieten und eine insgesamt lebenswerte, gesundheitsfördernde Lebenswelt, auch in sozialer und psychischer Hinsicht, anzustreben: das sind wesentliche Ziele einer umfassend und nachhaltig verstandenen, gesundheitlichen Verhältnisprävention. Den Kommunen kommt hier eine besondere Aufgabe zu, da sie wesentlich die Daseinsvorsorge für die Bevölkerung leisten.

Darstellung möglicher Beiträge des Öffentlichen Gesundheitsdienstes im kommunalen Steuerungs- und Planungszyklus bzw. Public Health Action Cycle
Abbildung 1: Mögliche Beiträge des Öffentlichen Gesundheitsdienstes im kommunalen Steuerungs- und Planungszyklus bzw. Public Health Action Cycle

Die gesundheitsorientierte Planung setzt verhältnispräventiv und raumbezogen an mit dem Ziel, entlang des Planungs- und Steuerungszyklus bzw. Public Health Action Cycle positiv auf den Prozess der Lebenszeit in guter Lebensqualität und Gesundheit einzuwirken. Um Gesundheitsrisiken minimieren und Gesundheitsressourcen stärken zu können, bedarf es einer frühzeitigen Einbringung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) in Planungen. Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen:

  • Anstoßen bedarfsorientierter, eigenständiger kommunaler Planungen, zum Beispiel im Bereich der Gesundheitsversorgung oder kommunalen Gesundheitsförderung.
  • Einbringen in übergreifende kommunale Planungen in Form von Stellungnahmen sowie unter Nutzung von Instrumenten zur gesundheitsorientierten Planungsbeteiligung.

Das Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst in NRW (ÖGDG NRW) regelt unter anderem, wie der ÖGD planend aktiv werden kann. So sollen die unteren Gesundheitsbehörden an der Gesundheitsförderung, der Prävention und dem Gesundheitsschutz mitwirken (§ 6 Abs. 1(1)) und sind laut § 8 angehalten, sich an Stellungnahmen zu Planungs- und Genehmigungsverfahren als Träger öffentlicher Belange zu beteiligen, wenn gesundheitliche Belange berührt werden. Das LZG.NRW unterstützt die Kommunen bei der Entwicklung und Durchführung gesundheitsorientierter Planungen und berät die Landesregierung.

Zu diesem Zwecke erarbeitet und aktualisiert das LZG.NRW Hinweise, Arbeitshilfen und Instrumente zur Berücksichtigung von gesundheitlichen Belangen in kommunalen Planungsprozessen und zur räumlichen Analyse und Bewertung gesundheitsbezogener Themen. Zudem besteht mit der "AG Gesundheitsorientierte Planung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in NRW" eine vom LZG.NRW organisierte Plattform zum Austausch über aktuelle Themen, konkrete Anlässe und Erfahrungen im Hinblick auf gesundheitsrelevante Planungen.

Erfahrungen im Kontext der gesundheitsorientierten Planung bringt das LZG.NRW auch in landesweite sowie länderübergreifende und internationale Netzwerke ein, unter anderem in den Prozess zum Masterplan Umwelt und Gesundheit der Landesregierung, die AG Menschliche Gesundheit der UVP-Gesellschaft, die AG gesundheitsfördernde Gemeinde- und Stadtentwicklung (AGGSE)  und das Regions for Health Network der WHO-Region Europa.

Darüber hinaus bietet das LZG.NRW ein Informationsangebot zum Umgang mit sommerlicher Hitze an und berät die Landesregierung ebenso wie Kommunen in Fragen zur gesundheitsgerechten und klimaresilienten Entwicklung. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Implementierung einer landesweiten wie kommunalen Hitzeaktionsplanung.

Ein Fachplan Gesundheit soll auf kommunaler Ebene zum einen dabei helfen, die Arbeit der unteren Gesundheitsbehörde datenbasiert und zielorientiert zu steuern und das Aufgaben- und Leistungsspektrum des Gesundheitssektors übersichtlicher und transparenter darzustellen. Zum anderen ermöglicht er eine systematische Berücksichtigung von Belangen der menschlichen Gesundheit in räumlichen Planungsverfahren auf kommunaler und regionaler Ebene.

Der "Leitfaden Gesunde Stadt" soll die Zusammenarbeit von Akteuren der Stadt- und Raumplanung und des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) in NRW bei gesundheitsbezogenen Stellungnahmen systematisch unterstützen. Er soll insbesondere dann zum Einsatz kommen, wenn eine vorhabenbezogene oder städtebauliche Planung beabsichtigt ist oder bereits begonnen wurde.

Der StadtRaumMonitor, die deutsche Adaption des schottischen "Place Standard tools", ist ein Instrument zur Bedarfserhebung für eine gesundheitsförderliche Stadtentwicklung unter aktiver Beteiligung der dort wohnenden Bevölkerung. Das Instrument wird derzeit in zwei NRW-Kommunen im Rahmen der Pilotierung für Deutschland getestet.