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Verhaltensbeobachtung durch Ärztinnen und Ärzte im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung

Besonderheiten im Verhalten junger Kinder im Vorschulalter sind von herausragender Variabilität und Originalität. Manche Kinder werden als "besonders", "eigentümlich" oder auch "merkwürdig" eingeschätzt, ohne dass spezifische Maßnahmen erforderlich erscheinen. Tatsächlich ist in der Mehrzahl der Fälle eine spezifische kinderpsychiatrische Behandlung im stationären Setting nicht erforderlich.

Manche Kinder aber zeigen Verhaltensweisen, die das familiäre Gefüge und die sozialen Bindungen vor scheinbar nicht zu lösende Herausforderungen stellen. Spätestens dann ist die weit verbreitete, bagatellisierende Ansicht, Schwierigkeiten in dieser Lebensphase würden sich spontan lösen, von Eltern, Freunden und Bezugspersonen nur mit großen Anstrengungen zu tragen.

Die Schulärztin oder der Schularzt ist oft diejenige Person, die mit unabhängigem Blick einem Kind unvoreingenommen begegnet. Deshalb bietet die Schuleingangsuntersuchung eine wichtige Gelegenheit, Verhaltensauffälligkeiten orientierend einzuordnen und unter Umständen weitere Schritte einzuleiten. Nur eine frühe Intervention ermöglicht es, die emotionale, soziale und kognitive Entwicklung der Kinder im optimalen Rahmen zu unterstützen und Schulprobleme zu begrenzen.

Die Einschätzung der Besonderheiten oder gar die Diagnostik von Auffälligkeiten ist jedoch nicht immer einfach. Als ein geeignetes Vorgehen wird ein mehrstufiges Screening empfohlen.

Bisher gibt es keine einheitliche Vorgehensweise zur Beurteilung von Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung. Deshalb haben die Fachgruppe Kinder- und Jugendgesundheit sowie die Fachgruppe Gesundheitsberichterstattung am LZG.NRW zusammen mit einigen Vertreterinnen der kommunalen Kinder- und Jugendgesundheitsdienste einen Beobachtungsbogen entwickelt. Dieser dient im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung in NRW zur Identifikation von 5-6-jährigen Kindern, die

  • Verhaltensauffälligkeiten zeigen, die
  • zu Problemen in Schule und nicht-schulischen Aktivitäten führen können und
  • betreuungs- bzw. therapiebedürftig sind.

Der Beobachtungsbogen soll als kurze strukturierte Beobachtung der Schulärztin oder dem Schularzt erleichtern, diese Kinder aus der Gruppe aller Vorschülerinnen und Vorschüler herauszufiltern und die Indikation für weitere Diagnostik zu stellen. Er ersetzt eine ausführliche Diagnostik in keiner Weise, sondern sollte unter dem Aspekt einer Arbeitshilfe mit pragmatisch orientierter Vorgehensweise genutzt werden.  

Zusätzlich kann diese Arbeitshilfe zur Standardisierung der kinder- und jugendärztlichen Beurteilung innerhalb der jeweiligen schulärztlichen Dienste in NRW in Sinne der Qualitätssicherung herangezogen werden. Unbestrittenerweise sollte der ärztliche Beobachtungsbogen, insbesondere bei Verhaltensauffälligkeiten des Kindes, um eine ausführliche (Fremd-) Anamnese erweitert werden, unter anderem unter Heranziehen der Einschätzung der Eltern, gegebenenfalls auch der Erzieherinnen und Erzieher der Kindertageseinrichtung und fachärztlicher Gutachten. Wissenschaftliche Untersuchungen weisen darauf hin, dass sich die ärztliche Fremdeinschätzung in nicht zu unterschätzender Weise von dem individuellen Standpunkt der Familien beziehungsweise der Eltern unterscheiden kann.

Fachkräfte der Kinder- und Jugendgesundheitsdienste finden alle wichtigen Informationen zur Verwendung des Protokollbogens und des Kategorienschemas unter den Arbeitsmaterialien im Themenbereich Monitoring Kindergesundheit.